Synoptische Vorhersage
SYNOPTISCHE ÜBERSICHT K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 17.09.2024 um 08 UTC
GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Übergang von Nea (Nordost antizyklonal) in HNFa (Hoch
NordmeerFennoskandien antizyklonal)
Ende des Dauerregens!! spätsommerliche Hochrandlage mit trockener und relativ
warmer Kontinentalluft. Am Donnerstag von Ost nach West Kurzbesuch eines
"Höheneis" (als kein Eis, sondern Genitiv von Ei).
Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
Dienstag... startet mit einer überaus guten, ja sehr guten Nachricht: Sowohl bei
uns als auch bei unseren östlichen und südöstlichen Nachbarn geht die
Dauerregenlage endlich möchte man hinzufügen zu Ende! Grund genug, sich am
Tag der Apfeltasche ein oder von mir aus auch mehrere des schmackhaften Gebäcks
einzuverleiben (aber bitte ohne Rosinen) und dazu einen heißen Kakao zu
genießen. Allerdings sollten wir dabei nicht vergessen, dass der schlimme
Impact, den dieses Ereignis insbesondere bei unseren Nachbarn bisher angerichtet
hat, eine substanzielle Hysterese aufweist und von daher auch noch bis weit nach
dem atmosphärischen Ereignis für Negativschlagzeilen sorgen wird (Hochwasser!).
Hier und heute geht´s aber um die Wetterlage und die stellt sich aktuell wie
folgt dar.
Prägendes Gebilde auf der großräumigen Wetterkarte ist eindeutig eine vom nahen
Atlantik über Südskandinavien bis weit in die zentralrussischen Tiefen
ausgreifende Hochdruckzone, bestehend aus den beiden "Herren" SERKAN im West
und QUENTIN im Ostteil. Gestützt wird das Hoch von einem zonal exponierten
Höhenrücken, der nicht nur die Frontalzone auf Distanz hält, sondern zudem im
Verbund mit seinen kongenialen Bodensystemen sämtliche vom Atlantik anlaufende
Tiefdruckgebiete (und das sind nicht wenige) blockt respektive weit nach Norden
umlenkt. Ganz ohne Tief geht es denn aber doch nicht, womit wir bei einen "alten
Bekannten" wären. Die Rede ist von dem Höhentief, das vergangenen Woche über der
Schweiz abgetropft ist, danach bis nach Rumänien rübergemacht hat, dabei
exorbitante Regen und Schneemengen produziert hat und nun den bekloppten Plan
verfolgt, fast wieder an seinen Geburtsort zurückzukehren. Höhentiefs gehören
und das beweist dieses Exemplar einmal mehr äußerst eindrucksvoll mit zu den
größten Wundertüten der Atmosphärenphysik; hochinteressant, aber auch äußerst
launisch und nicht immer zum Vergnügen der vorhersagenden Meteorologenschaft.
Erfreulich zu berichten ist, dass sich unser Höhentief in den vergangenen Tagen
offensichtlich derart verausgabt hat, dass ihm jetzt die Körner auszugehen
scheinen. Auch passt das synoptische Gesamtpaket längst nicht mehr so gut
(Interaktion mit den Luftmassen, Lage zur Orografie, korrespondierendes
Bodentief etc.), so dass der Wirkungsgrad erheblich abgenommen hat. Klar,
südlich der Alpen, wo das Höhentief mittlerweile aufgeschlagen ist (Drehzentrum
erreicht heute früh Oberitalien), sorgt es noch für schauerartige Regenfälle und
kräftige Gewitter, die ganz große und vor allem großflächige Nummer kommt dabei
aber nicht mehr heraus.
Widmen wir uns den Regionen nördlich des Alpenbogens, womit wir unweigerlich im
eigentlichen Vorhersageraum Deutschland wären. Dort haben sich die Niederschläge
von der östlichen Mitte ausgehend inzwischen abgeschwächt bzw. aufgehört. Nur
vom südlichen Oberbayern bis hinüber nach Oberschwaben regnet es noch zeitweise
bzw. schneit es in höheren Lagen (>1800 bis 2000 m), punktuell mit Stundensummen
um 3 mm (05 UTC). Es ist aber klar erkennbar, und die Numerik sieht das genauso,
dass sich Regen und Schneefall mit allmählichem Einmischen trockener Luftmassen
von Nordosten sowie versiegender Hebungsantriebe weiter abschwächen und sich
dabei westsüdwestwärts verlagern. "Ende der Dauerregenlage" lautet die
Schlagzeile des Tages und das ist, was zählt.
Während sich im Süden trotz beginnenden Entrainments zunächst noch die Reste der
von den Vortagen regengeschwängerten maritimen Polarluft (mP; T850 um 7°C)
halten (=> meist stark bewölkt, wenig Lücken, mit 13 bis 18°C aber schon mal
milder als zuvor), kommt es in den übrigen Landesteilen zu einem
kontinuierlichen Luftmassenwechsel. Am Rande der Hochdruckzone wird mit
ostnordöstlichen Winden eine zunehmend trockene und warme Kontinentalluft
advehiert (xS/cSp; T850 um 10°C), die uns den Spät oder wenn man so will den
Altweibersommer bringt. Allerdings gilt es erstmal, die heute Morgen in der
Nordhälfte vielerorts noch präsente tiefe Bewölkung zu tilgen, was von Polen her
(erkennbarer Rückgang der Taupunkte) aber gelingen sollte. Zumal die
Wolkenschicht zumindest in Teilen vertikal nicht besonders mächtig ist (siehe
Nachtaufstieg von Lindenberg; Greifswald immerhin bis 950 hPa gesättigt).
Fraglich ist, und diese Frage zieht sich bis in die nächsten Tage hinein, wie es
um den Nachschub tiefer, teils hochnebelartiger Bewölkung von der Ostsee her
bestellt ist. Hier laufen die Parametrisierungen der verschiedenen Modelle
deutlich auseinander. Besonders ICONNest und UK10 fallen als besonders
pessimistisch auf (gebietsweise späte oder gar keine Auflösung der Wolken), was
angesichts der noch frühen Jahreszeit und der damit verbundenen relativ hohen
Wassertemperatur (Stichwort turbulente Flüsse von unten) nicht ganz
gerechtfertigt scheint. Auf alle Fälle werden sich die Wolken heute im
nordostdeutschen Binnenland von Osten sukzessive auflösen bzw. zu flachen Cumuli
mutieren, zwischen denen die Sonne ihre durchaus noch vorhandene Kraft entfalten
kann. Abseits von Küstenabschnitten mit auflandiger Windkomponente stehen heute
Tageshöchstwerte von 20 bis 25°C, im Großraum Berlin sogar 26°C auf der Karte.
Zuletzt noch eine kurze Bemerkung zum Wind, der aus Nordosten kommend mit
leichter supergeostrophischer Unterstützung mitunter böig auffrischt. Vor allem
auf den Kämmen und Kuppen der zentralen Mittelgebirge sowie im Hochschwarzwald
sind Böen der Stärke 7 bis 8 Bft, auf dem Feldberg ab dem Abend 9 Bft zu
erwarten.
In der Nacht zum Mittwoch passiert das Höhentief Sardinien und das Ligurische
Meer westwärts, während sich nördlich der Alpen nicht viel an der beschriebenen
Konstellation ändert. Im Süden halten sich noch dichtere Restwolken, aus denen
aber kein Regen mehr fällt. Außerdem bilden sich von der Ostsee her
Hochnebelfelder, die sich landeinwärts gen Südwesten ausweiten. Wie weit und wie
viel Fläche dabei erfasst wird, ist noch unsicher. Auf alle Fälle klart es im
übrigen Land vielfach auf, hier und da bildet ich Nebel, insbesondere nach
Südosten hin. Die Temperatur geht auf 14 bis 9°C (direkt an der See milder), im
Süden auf 11 bis 4°C zurück. Bedingt durch LowLevelEffekte zieht der
Nordostwind auf den Kämmen und Kuppen des Hochschwarzwaldes weiter an und
erreicht insbesondere auf dem Feldberg in Böen Stärke 910 Bft.
Mittwoch... schlägt das Höhentief einen abermaligen Haken zurück in
ostsüdöstliche Richtung, wo es Donnerstagfrüh über dem Tyrrhenischen Meer
aufschlägt. Was für eine Vita! Allerdings ist das Exemplar mittlerweile schon
ganz schön blass um die Nase und es steht zu befürchten (oder besser: es besteht
die Hoffnung), dass es sich bald soweit auffüllt, um danach ganz geschmeidig in
die ewigen Jagdgründe geschichtsträchtiger Höhentiefs zu entgleiten. Wir werden
berichten.
Bei uns in Deutschland wird es sehr wahrscheinlich keine Aktien mehr erwerben,
aber es gibt ja noch andere Vertreter dieser Zunft. Und Hochrandlagen mit
östlicher Grundströmung sind wie geschaffen, um hier "faule Eier" aus dem
östlichen Mitteleuropa oder von noch weiter her bei uns abzuladen. Am Mittwoch
bleiben wird zumindest tagsüber noch "eifrei", so dass die Abtrocknung von Osten
weitere Fortschritte machen kann. Es verwundert also nicht, dass MOS weiten
Landesteilen reichlich Sonnenschein zugesteht und nach Auflösung von Nebel oder
Hochnebel nur lockere Quellungen im Angebot hat. Allerdings keine Regel ohne
Ausnahme. So hält sich im Süden unterhalb der bei rund 800 hPa liegenden
Inversion noch gebietsweise dichtere Bewölkung, die sich spätesten am Nachmittag
aber mehr und mehr auflöst. Die zweite Baustelle tut sich im norddeutschen
Binnenland auf (siehe weiter oben), wo durch die Feuchtezufuhr von der Ostsee
her die Hochnebelproblematik auf dem Zettel steht. Wie gesagt gibt es gute
Gründe, warum auch dieser sich bis spätestens zum Nachmittag aufgelöst haben
sollte.
Thermisch geht´s verbreitet hoch auf 20 bis 26°C. Nur ganz im Süden sowie in den
Hochlagen der Mittelgebirge reicht es nicht für 20°C. Dass die DWDWarnkarte am
morgigen Mittwoch nicht komplett grün bleibt, ist dem erneut auffrischenden
Nordostwind zu verdanken. Der setzt im äußersten Südwesten eine deutliche
Duftmarke, auch wenn es keine klassische Bisenlage ist (zu wenig Wind im
schweizer Mittelland, wo die Bise ja am berühmtesten und am berüchtigsten ist).
Von bayerisch Schwaben bis hinüber zur Schwäbischen Alb und zum Schwarzwald bzw.
zum Hochrhein muss mit Böen 7 Bft, exponiert 8 Bft, im Hochschwarzwald 9 (10)
Bft gerechnet werden.
In der Nacht zum Donnerstag ist es dann soweit, das nächste Höhentief ereilt uns
von Südpolen und Tschechien her, um danach cross country einmal von Ost nach
West über die Mitte hinwegzuziehen. Keine Frage, das neue "Ei" kann in puncto
Statur und Wirkung seinem Vorgänger nicht mal in Ansätzen das Wasser reichen.
Dafür trägt es in Ermanglung eine korrespondierenden Bodentiefs den Titel
"Kaltlufttropfen", was nicht alle Höhentiefs von sich behaupten können.
Zunächst kommt der Kaltlufttropfen (KLT) aber über die Rolle eines mäßigen
Komparsen (noch) nicht hinaus. "Teils wolkig, teils klar, gebietsweise
Hochnebel" lautet das Makro für den Wetterbericht. Dazu Tiefstwerte von 14 bis
9°C im Norden und in der Mitte (direkt an der See etwas milder) sowie 11 bis 5°C
im Süden. Auf den Höhen Südwestdeutschlands bleibt es zugig bis stürmisch.
Donnerstag... überquert uns der kleine KLT westwärts Richtung Dreiländereck
FrankreichLuxemburgBelgien. Ausgestattet mit etwas Höhenkaltluft um 20°C bei
gleichzeitig +9°C in 850 hPa kommt es zu einer vorübergehenden Labilisierung der
kontinentalen Warmluft. Labilitätsmaximum und Feuchte überlappen nicht besonders
gut, trotzdem reicht es von der Mitte bis in den Norden gebietsweise für einige
hundert Joule pro Kilogramm MLCAPE. Herausspringen tun im Tagesverlauf ein paar
Schauer und vereinzelte kurze Gewitter, die sehr wahrscheinlich in Liga "Gelb"
angesiedelt sind. Auch wenn die anstehende Konvektion den Anstrich eines
wechselhaften Wettercharakters hat, so schlecht wird der Donnerstag gar nicht.
Klärchen bekommt trotzdem genug Entfaltungsmöglichkeiten und kalt wird es trotz
Kaltlufttropfen auch nicht. 17 bis 21°C sind es im Süden, sonst 20 bis 25°C mit
dem Maximum im Herzen des Rheinlands (Köln oder Düsseldorf, das ist hier die
Frage). Dazu weht ein mäßiger und böiger OstNordostwind mit einzelnen
konvektiven Spitzen 7 Bft.
In der Nacht zum Freitag verabschiedet sich der KLT, Schauer und Gewitter fallen
rasch zusammen. Sonst ändert sich so gut wie nichts an der deutschen Position,
die Hochrandlage bleibt bestehen. Wolkig bis klar, etwas Nebel oder Hochnebel
bei ähnlichen Frühtemperaturen wie die Nacht zuvor.
Modellvergleich und einschätzung
Der beschriebene Kurs wird von den Modellen übereinstimmend getragen.
Unterschiedlich werden u.a. räumliche Ausdehnung und Andauer von Hochnebel
(siehe Text) sowie der Schauer und Gewitter (Donnerstag) gesehen.
Vorhersage und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann
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