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17.12.2025
Beim Klettern in der Halle lieber die Luft anhalten
Die Versuchung ist alle Jahre wieder enorm. Egal ob in Adventskalendern, auf Weihnachtsfeiern, Weihnachtsmärkten oder "simplen" Geburtstagen - überall duftet es nach Lebkuchen, Plätzchen, Spekulatius, Crepes und anderen süßen oder herzhaften Leckereien. Wer bereits in der Vorweihnachtszeit ein paar zusätzliche Kilos auf den Rippen hat, der muss dann auch noch die Feiertage selbst, das Restessen im Anschluss sowie Kreppel/Berliner, Bowle, Raclette und Fondue (am besten wild kombiniert) an Silvester "über sich ergehen lassen". Welch Beruhigung für Geist und Seele, dass es pünktlich zum Jahreswechsel dann den guten Vorsatz gibt, es im neuen Jahr kulinarisch gesünder und sportlich fitter angehen zu lassen. Dass einem aber bis zum Jahreswechsel die Hosenknöpfe nicht schon aus allen Nähten platzen, empfiehlt es sich ausreichend zu bewegen. Ob es nun ein ausgiebiger Spaziergang im Park, eine Joggingrunde im Wald oder ein Besuch im Schwimmbad ist, Hauptsache man ist aktiv und verbrennt ein paar der zusätzlich aufgenommen Kalorien.

Eine der Trendsportarten der vergangenen Jahre ist das Klettern und Bouldern. Letztere ist eine schnelle, kraftvolle und technisch anspruchsvolle Form des Kletterns, bei der man lediglich durch Matten am Boden, nicht aber durch ein Seil gesichert ist. Aber auch artverwandte Disziplinen wie Parcourslauf und Freerunning werden immer beliebter. Maßgeblich dazu beigetragen hat neben der Ausstrahlung der erfolgreichen TV-Sendung Ninja Warrior Germany, die inzwischen in ihre 10. Staffel gegangen ist, sicherlich auch die Aufnahme des Klettersports ins offizielle Olympische Programm. Nach dem Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Jahr 2016 stieg die Reichweite der Sportart sprunghaft an. Bei den nächsten Spielen in Los Angeles 2028 werden Medaillensätze in den drei eigenständigen Disziplinen "Boulder", "Lead" und "Speed" vergeben. Während es beim "Lead" darum geht, möglichst hoch zu klettern und beispielsweise den letzten Griff zu erreichen, muss beim "Speed" übersetzungsgetreu eine standardisierte 15 Meter hohe Wand so schnell wie möglich erklommen werden. Veddriq Leonardo aus Indonesien schaffte dies in Paris 2024 in gerade einmal 4,75 Sekunden.

Mit der steigenden Zahl an Aktiven (über 1 Million in Deutschland, Stand 2023) wächst auch der Bedarf nach Kletter- und Boulderhallen. Vor allem der Anteil letztgenannter hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Musste man sich landesweit 1990 noch mit rund 20 Anlagen "begnügen" sind es mittlerweile über 600 - auch bedingt durch eine Vielzahl privater Anbieter. Gerade in der dunklen Jahreszeit, wo es wie in den vergangenen Wochen vielerorts neblig, trüb und klamm ist, bevorzugen die Sportler auch in bergigen Regionen die Hallen als Trainingsstätte. Der Haken dabei: Die Luftqualität. Aus Kletterhallen ist bereits bekannt, dass einer erhöhten Belastung durch Schweiß- und Staubpartikel (auch durch den Magnesiasack oder englisch "chalk bag" für den Grip an den Händen) mit einem umfangreichen Lüftungskonzept, entgegengewirkt wird. Zusätzliche Frischluftzufuhr wird durch Fensteröffnungen und Dachluken ermöglicht, die als Teil der Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) integriert sind und ebenfalls zur Belüftung beitragen. Die Lüftungsanlagen sind so konzipiert, dass im Empfangs- und Thekenbereich ein Überdruck erzeugt wird. In den Hallenbereichen wird dadurch mehr Luft abgesaugt als zugeführt, was zu einem Unterdruck führt. Auf diese Weise wird verhindert, dass Feinstaub in den Empfangs- und Thekenbereich gelangt und dient damit dem Mitarbeiterschutz.

Kletterschuh (Quelle Foto: Deutscher Alpenverein (DAV) / Marisa Koch)

Neu ist allerdings, dass eine zusätzliche, potentiell gesundheitsgefährdende Gefahr vom Abrieb der speziellen Kletterschuhe ausgeht. Begriffe wie "Abrieb" oder "Partikel" werden für gewöhnlich mit dem Straßenverkehr, Autoreifen oder Formel 1 Rennen assoziiert. Entsprechende Messstationen für die Feinstaubbelastung findet man in regelmäßigen Abständen an vielen Hauptverkehrsadern. So haben nun Studien der Universität Wien und der technisch-naturwissenschaftlichen Universität in Lausanne zutage gefördert, dass in einigen Kletterhallen die Luftqualität vergleichbar mit der an stark befahrenen, mehrspurigen Straßen in Großstädten ist. Je kleiner die Kletterhalle, desto höher war die Konzentration der gemessenen Chemikalien. Insgesamt fanden die Forschenden in den 30 untersuchten Schuhpaaren 15 sogenannte Additive. Diese Zusatzstoffe werden dem Gummi beigemischt, um die Sohlen möglichst langlebig und robust zu machen. In besonders hoher Konzentration nachgewiesen wurden etwa gummibasierte Chemikalien wie Benzothiazole oder p-Phenylendiamine. Des Weiteren fand das Team vor allem den Gummistabilisator 6PPD vor. In Autoreifen gemischt, soll dieser den Verschleiß minimieren. Seine Umweltauswirkungen sind allerdings fatal: Für Wasserlebewesen wie Fische gilt der Stoff als hochgiftig, selbst geringe Konzentrationen können akutes Fischsterben auslösen.

In der Kletterhalle eingeatmet, können die Stoffe bei Menschen auf lange Sicht zu gesundheitlichen Problemen führen. So stehen die in der Luft gefundenen Additive in Verdacht, Schäden an Lunge, Leber, Darm, Herz und Nervensystem zu verursachen und die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen, was letztlich aber noch nicht nachgewiesen wurde. Ohnehin wird angeraten, keine Babys, Kleinkinder und Personen mit Vorerkrankungen der Atemwege mit in Kletter- und Boulderhallen zu nehmen. Als hilfreiche Gegenmaßnahmen schlagen die Forschenden weiter verbesserte Lüftungssysteme, eine gleichmäßige Auslastung der Hallen oder die Nutzung von Sohlen mit weniger zugeführten Zusatzstoffen vor. Der Deutsche Alpenverein (DAV) hat bereits reagiert und zugesichert, den Druck auf die Hersteller weiter zu erhöhen, damit möglichst zeitnah auf additivfreie Gummimischungen umgestellt wird.



Dipl.-Met.
Robert Hausen
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach, den 17.12.2025 Copyright (c) Deutscher Wetterdienst

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